Täter-Opfer-Beziehungen

Täter – Opfer

Bei der Analyse der Täter-Opfer-Profile und –Beziehungen legen wir den Schwerpunkt auf Heranwachsende und Jugendliche. Denn wer im Erwachsenenalter zum Gewalttäter wird, war mit allergrößter Wahrscheinlichkeit auch schon in jüngerem Alter gewalttätig. Und hier liegt der Schwerpunkt / das Hauptbetätigungsfeld von Präventionskultur. Hier werden die Weichen dafür gestellt, ob gewalttätiges Verhalten sich verstärkt und zu Straftaten führt und die Rolle als Opfer sich verfestigt und zu Depressionen bis Suizid führen kann.

Täter

Kinder, Heranwachsende und Jugendliche aktivieren ihr aggressives Potential im Kräftemessen, Jungen zumeist physisch, Mädchen eher psychisch. Das kann „normal“ sein auf dem Weg zur Entwicklung einer ICH-starken selbstbewussten Persönlichkeit.  Arten die Aggressionen allerdings in gewalttätige Handlungen mit absichtlicher Schädigung, Verletzung des Kontrahenten aus, so müssen die Warnlampen angehen.

Aggressives bis gewalttätiges Verhalten in der Jugend darf nicht verharmlost werden als zur Entwicklung gehörendes Phänomen des Kräftemessens. Kräftemessen – sei es physisch, psychisch oder intellektuell – gehört zu Entwicklung einer ICH-starken, selbstbewussten Persönlichkeit dazu. Aggressive Handlungen mit der Absicht, den anderen zu schädigen, zu verletzen, sind allerdings Fehlentwicklungen, die häufig mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen einhergehen.

Zu Gewalttaten neigende Personen zeigen bereits im jungen Alter folgende charakteristische Eigenschaften, Einstellungen und Verhaltensweisen, die auf Dispositionen zu gewalttätigen Handlungen verweisen. Sie

  • haben ein extremes Anerkennungsbedürfnis
  • streben nach Macht, Dominanz, Kontrolle
  • sind deshalb häufig Mitglieder von Gangs, Cliquen, Peergroups
  • reagieren bei geringsten Anlässen gereizt
  • fühlen sich bei geringstem Anlass in ihrem „Stolz“, ihrer „Ehre“ gekränkt
  • suchen sich Opfer aus, die schwächer, kleiner sind als sie selber
  • protzen mit Mut und Stärke, sind aber oft feige
  • indem sie andere demütigen, glauben sie, sich selbst zu erhöhen
  • neigen zu einfachem Freund-Feind-, Schwarz-weiß-Denken
  • sind anfällig für populistische Versprechen
  • suchen einfache (Konflikt)Lösungen, statt differenzierter Argumente
  • haben oft schon als Kind die Sprache der Gewalt statt des Arguments erfahren
  • neigen zu impulsiven Handlungen
  • haben eine geringe Affektkontrolle
  • sind sich ihrer Kräfte und der Auswirkungen von Gewalttaten oft nicht bewusst
  • haben keine Empathie, können sich in andere – ihre Opfer – nicht hineinversetzen

Forsches Auftreten und Machtgehabe täuschen ein starkes Ego vor, das einschüchternd wirken soll. Dahinter verbergen sich aber oft ein labiles Selbstbewusstsein und Minderwertigkeitskomplexe. Das zur Schau gestellte starke Ego ist im Grunde ein schwaches.

Opfer

Wie die Täter haben auch die Opfer im allgemeinen ein schwaches Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl. Sie können diese Defizite aber nicht hinter einer Stärke vortäuschenden Fassade verbergen. Man merkt ihnen ihre – häufig von körperlicher Schwäche begleitete – ICH-Schwäche an.  Sie

  • sind unsicher, vorsichtig bis ängstlich
  • ziehen sich in sich selbst zurück
  • wollen nicht auffallen, nicht im Mittelpunkt stehen, lieber unsichtbar sein
  • sind passiv-ergeben, wissen sich nicht zu wehren
  • sind sehr empfindlich, reagieren oft mit Weinen
  • sie scheuen den direkten Blickkontakt
  • erleben sich als Versager
  • suchen die Schuld bei sich
  • neigen zu Schamgefühlen

Neben diesem passiv-ergebenen Typus existiert ein anderer, der durch Hyperaktivität und Konzentrationsschwäche auffällt, dadurch ungewollt Spannungen erzeugt und auf seine Umgebung provozierend wirkt, was aggressive Reaktionen auslöst, die durchaus vom Opfer wiederum aggressiv beantwortet werden können – was eine Spirale der Gewalt in Gang setzt.

Opfer von Gewalt geraten meist ohne eigenes aktives Verschulden und ohne Vorwarnung in Gewaltsituationen. Die körperlichen, seelischen oder materiellen Schädigungen können fatale, traumatische Folgen haben. Ängste und Unsicherheiten, Selbstzweifel und Minderwertigkeitsgefühle verstärken sich und können zu Depressionen und Suizid führen.

Opfer leiden im Stillen und führen ein Schattendasein, während die Täter im Brennpunkt nicht nur des öffentlichen, sondern auch des wissenschaftlichen Interesses stehen.